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„Identitäten unboxed. Wir packen die Kiste aus!“

Unter dieser Überschrift erprobten am 30. Januar 2024 rund achtzig Lehrer*innen in fünf verschiedenen praktischen Workshops einen achtsamen, theatralen Umgang mit Fragen nach Geschlechteridentität, der Akzeptanz des eigenen Körpers, sowie nach den Wirkungen sozialer Diskriminierung.

Wenn im Schultheater die eigene Identität der Schüler*innen thematisiert wird, verlangt das von den Theaterlehrer*innen besonders viel Sensibilität. Wenn der eigene Körper und die eigene Geschlechteridentität zum Thema wird, wird Theaterspiel zum Wagnis. Die diesen Prozess Moderierenden müssen sich mit Blick auf den Einzelnen und die Gruppe immer wieder fragen, was sie den Schüler*innen zumuten können, wie Grenzen verschoben werden können und gleichzeitig verletzende Überschreitungen vermieden werden. Der Fachtag Schultheater NRW beschäftigte in diesem Jahr damit, welche Bilder und Zuschreibungen von Geschlechterrollen sich in unseren Köpfen festgesetzt haben. Diese Bilder beeinflussen nicht nur die Wahrnehmung unserer Mitmenschen, sondern manifestieren sich auch in der Gestaltung von Bühnenfiguren.

In einem sehr persönlichen Impulsvortrag führte Marguerite Windblut die Teilnehmenden an das Thema der Suche nach der eigenen Geschlechtsidentität heran. In der anschließenden Diskussion darüber, wie das neue Selbstbewusstsein und die Offenheit von Jugendlichen bei der Suche ihrer Geschlechtsidentität das Miteinander an Schulen beeinflusst, brachten sich die Teilnehmenden sehr lebhaft ein. Es zeigte sich, dass Jugendliche mitunter viel gelassener und unbefangener mit diesem Thema umgehen als Erwachsene. Lehrer*innen schilderten sehr persönlich ihre mitunter ungelenken Versuche, die eigenen, festgefahrenen Geschlechterrollen aufzubrechen. Versuche, die gleichzeitig einen wichtigen Weg markieren, die eigenen Stereotypen zu überwinden.

Eine andere „Kiste, die es auszupacken galt“, trug die Aufschrift „Klassismus und soziale Diskriminierung“: Sie beruhen auf bewusster oder unbewusster Zuschreibung gegenüber den Angehörigen einer Minderheit, die aus unterschiedlichen Gründen nicht an allen Bereichen des Lebens von Kindern und Jugendlichen teilhaben kann. Da, wo die Zuweisung von Bühnenrollen wie z.B. Hausmeister und Direktor sich an den klischeeartigen Bildern eines unkritischen Blickes auf die Spieler*innen orientiert, braucht es ein entsprechendes Bewusstsein für die eigenen Wahrnehmungsmuster.

Innerhalb der Workshops setzten sich die Lehrer*innen in praktischen Übungen zur Sensibilisierung und Reflexion damit auseinander, wie diese Themen theatral verhandelt werden können, ohne die Beteiligten bloßzustellen. Erprobt wurden schauspielerische, tänzerische und theaterpädagogische Darstellungs- und Vermittlungsstrategien, die die Lebensfragen von Schüler*innen mit ästhetischen Mitteln zu diskussionswürdigen Theatermomenten auf den Schulbühnen NRWs werden lassen.

Teilnehmende und Workshop-Leitungen gingen an diesem Tag erfüllt und in vielerlei Hinsicht positiv berührt nach Hause. Einmal mehr wurde deutlich, dass Theater schon im Probenprozess Toleranz und Verständnis fördert und eine echte Begegnung von Mensch zu Mensch ermöglicht.

Der Fachtag Schultheater NRW findet seit 2014 als Kooperationsveranstaltung der Arbeitsstelle „Kulturelle Bildung NRW“, des Forum Freies Theater Düsseldorf und dem Landesverband Theater in Schulen NRW, e. V. statt.